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  • Die Eigenbedarfskündigung

    …ihre Voraussetzungen, Gründe einer Unwirksamkeit und die Bedeutsamkeit einer gütlichen Lösung

    Jeder Vermieter und jede Vermieterin ist erst einmal über zuverlässige, langjährige Mieter:innen und unkomplizierte Mietverhältnisse dankbar, denn sie ersparen Eigentümern und Eigentümerinnen viel Ärger, Sorgen und letztlich auch mögliche Kosten. Doch was ist, wenn der Eigentümer oder die Eigentümerin den Mieter:innen wegen Eigenbedarf kündigen möchte?

    Auf Vermieterseite gibt es die unterschiedlichsten Gründe, weshalb ein Mietverhältnis aufgelöst werden soll: die zwei häufigsten Gründe sind hierbei nicht zahlende Mieter:innen und der Eigenbedarf des Eigentümers oder der Eigentümerin. Schon vor 2.500 Jahren wusste der Philosoph Heraklit:

    „Das einzig Konstante im Leben ist die Veränderung“

    Veränderungen im Leben können den Wunsch oder die Notwendigkeit bei Eigentümern und Eigentümerinnen entstehen lassen, eine bislang vermietete Immobilie zu den eigenen vier Wänden werden zu lassen. Nun sind Mieter:innen und Vermieter:innen selbst bei einem freundschaftlichen Verhältnis zwei Parteien mit unterschiedlichen Interessen, und eine Kündigung bietet Potenzial für Uneinigkeiten.

    Aus diesem Grund wurden klare Richtlinien im Gesetz für die Anmeldung von Eigenbedarf geschaffen, die die Rechte und Pflichten definieren und den Schutz von Mieterinnen und Mietern gewährleisten. Mit der sogenannten „Eigentumsgarantie“ wird im Grundgesetz zwar eine verfassungsrechtlich verbürgte Eigentumsgarantie der Eigentümerin oder des Eigentümers festgehalten, jedoch schränkt das Grundgesetz zugleich das Eigentumsrecht ein, indem das Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll. Daher sollten sich Vermieter:innen vor dem Aussprechen einer Eigenbedarfskündigung umfassend mit der Rechtslage vertraut machen. Denn nicht selten kommt es im Streitfalle zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung – insbesondere, wenn es für beide Parteien um die Sicherung ihres Eigenheims geht.

    Vermieter:innen: Voraussetzungen für eine Eigenbedarfskündigung

    Allem voran müssen Eigentümer:innen als natürliche Person im Grundbuch eingetragen sein. Es bedarf einer formal korrekten Schriftform und Kündigungsfrist für die Kündigung. Letzteres ist von der Dauer des bestehenden Mietvertrages abhängig: besteht dieser bis zu 5 Jahren, ist eine Drei-Monats-Frist einzuhalten. Bei bestehenden Mietverträgen seit fünf bis acht Jahren gelten sechs Monate und bei mehr als acht Jahren neun Monate Kündigungsfrist. Für die Zustellung ist ein Einschreiben mit Rückschein empfehlenswert. Zudem muss ein „berechtigtes Interesse“ an der Eigennutzung der Immobilie bestehen und in der Kündigung auch klar und deutlich ausformuliert werden. Der aufgeführte Grund darf dabei nicht bereits vor Beginn des Mietverhältnisses bestanden haben und muss möglichen Überprüfungen standhalten. Befristete Mietverträge sind grundsätzlich nicht auf diese Weise kündbar.

    Das berechtigte Interesse

    Ein berechtigtes Interesse an dem Wohnraum besteht laut § 573 BGB, wenn die Vermieterin oder der Vermieter selbst, Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts diesen benötigen. Handelt es sich um entferntere Familienangehörige, muss begründet werden, durch welche Umständen sich eine besondere Verbundenheit ergibt. Zu Angehörigen des Haushalts kann der oder die langjährige Lebenspartner:in und dessen Kinder oder auch Pflegepersonal mit enger Bindung zählen. Die Auswahl dieser Fälle zeigt, dass eine vollständige Erwähnung nicht möglich ist und es immer wieder Einzelfälle und Sonderregelungen geben wird. Bei Unsicherheiten, ob ein berechtigtes Interesse einer Eigenbedarfskündigung besteht, ist immer das Hinzuziehen einer Rechtsberatung anzuraten.

    Beispiel Härtefallregelung: Gründe für Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung

    Trotz rechtmäßiger Begründung im Sinne des Mieterschutzes kann es sein, dass die Sozialklausel greift. Dies wäre neben einigen anderen Gründen zum Beispiel durch ein hohes Alter, Pflegebedürftigkeit, Schwangerschaft oder ein unzureichendes Einkommen gegeben. Die Mieter:innen hätten damit ein berechtigtes Widerspruchsrecht. Auch dann, wenn ein angemessener Ersatzwohnraum nicht unter zumutbaren Bedingungen beschaffbar wäre. Eine eingehende Prüfung des Einzelfalles ist auch hier unerlässlich, denn pauschale Unkündbarkeit eines Mieters oder einer Mieterin existiert vor dem Gesetz nicht.

    Alternativen finden und Streitigkeiten vermeiden

    Für beide Seiten ist eine gütliche Lösung der angenehmste Weg der Einigung. Vermieter:innen sollten sich in die Lage der zu kündigenden Mieter:innen hineinversetzen, um die Gefühlslage des Gegenübers nachzuvollziehen: Mit der Eigenbedarfskündigung scheinen Wohnen und Leben im gewohnten, liebgewonnenen Umfeld, welches bislang Sicherheit bedeutete, auf einmal verloren.

    Ein hilfreicher erster Schritt kann es sein, das persönliche Gespräch mit der Mieterin oder dem Mieter zu suchen, bevor aus dem Nichts ein Kündigungsschreiben im Briefkasten landet. Das erklären der eigenen neuen, veränderten Situation und das Aufzeigen der Beweggründe kann eine Grundlage für Verständnis und Kompromissbereitschaft bilden. In diesem Zuge kann der Mieterin oder dem Mieter Unterstützung bei der Suche nach alternativem Wohnraum angeboten werden. Eine Verlängerung der Kündigungsfrist kann ebenso hilfreich sein, wenn absehbar ist, dass aufgrund einer erschwerten Wohnungssuche der Mieter oder die Mieterin stark belastet wird. Eine weitere Möglichkeit zur gütlichen Einigung kann ein Mietaufhebungsvertrag sein. Sollten finanzielle Engpässe eine große Hürde darstellen, kann ein solcher Vertrag eine wichtige Brücke bauen – vorausgesetzt, dieser ist mieterfreundlich verfasst und die Konditionen wurden fair und mit vollstem Einverständnis des Mieters oder der Mieterin verhandelt.

    Auch wenn die Eigenbedarfskündigung in den meisten Fällen auf einen ersten Widerwillen bei Mieter:innen trifft, stehen dem Eigentümer:innen verschiedenste Alternativen zur Verfügung, um der Mieterin oder dem Mieter die Annahme der neuen Situation zu vereinfachen, Streitigkeiten zu vermeiden und für beide Seiten eine gütliche Lösung zu finden.